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Ein Plädoyer für Extra-institutionelle Wissenschaft        (kurz: ExInWiss)

Zu diesem Thema gibt es auch einen Blog von mir unter https://exinwissenschaft.jimdofree.com/

"Denn daß es mit der Philosophie so recht eigentlicher, bitterer Ernst seyn könnte, läßt wohl, in der Regel, kein Mensch sich weniger träumen, als ein Docent derselben; gleichwie der ungläubigste Christ der Papst zu seyn pflegt. Daher gehört es denn auch zu den seltensten Fällen, daß ein wirklicher Philosoph zugleich ein Docent der Philosophie gewesen wäre."

(Schopenhauer: Über die Universitätsphilosophie: 143)

 

 

 

 

 

Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Arthur_Schopenhauer

ExInWiss - Daher Wissenschaft

Die produktive Wunde Schopenhauer

 Kierkegaard schrieb über Schopenhauer folgende Zeilen:

 „Dass er ein bedeutender Schriftsteller ist, sehr bedeutend, das ist unbestreitbar; dass sein ganzes Dasein und dessen Geschichte eine tiefe Wunde ist, die der Professoren-Philosophie beigebracht wird, wird mit Freude und Dankbarkeit eingeräumt.“ (Cappelørn et al. (Hrsg.) 2012, S. 348)

 

Was macht nun aber diese tiefe Wunde aus, die Schopenhauer der Professoren-Philosophie beigebracht hat? Nun, es ist bekannt, dass Schopenhauer Zeit seines Lebens von der Universität ignoriert wurde, bis er in hohem Alter die Früchte seines Schaffens auch in öffentlicher Anerkennung genießen konnte. Zu einem Philosophen für die Universität hat er sich aber auch nach seinem Tode nie entwickelt. Die Causa Schopenhauer zeigt etwas sehr maßgebliches, ja, im Grunde revolutionäres:

Ein von der Akademie ignorierter und z.T. missachteter Philosoph wurde gegen das Fachurteil des Establishments zu einem der meistgelesenen Philosophen überhaupt und dies nicht nur als Trend, sondern weil seine Philosophie ein genialer Entwurf war. Dieses Genialische konnte vom universitären Personal gar nicht wahrgenommen werden, weil es nach Schopenhauer qua definitionem zu einem solchen Urteil gar nicht in der Lage ist:

 "[…], man kann die Denker eintheilen in solche die für sich selbst, und solche, die für andere denken.: Diese sind die Regel, jene die Ausnahme. Erstere sind demnach Selbstdenker im zwiefachen, und Egoisten im edelsten Sinne des Wortes: sie allein sind es, von denen die Welt Belehrung empfängt. Denn nur das Licht, welcher Einer sich selber angezündet hat, leuchtet manchmal auch Andern […] Ueberhaupt aber, wie sollte der, welcher für sich, nebst Weib und Kind, ein redliches Auskommen sucht, zugleich sich der Wahrheit weihen? Der Wahrheit, die zu allen Zeiten ein gefährlicher Begleiter, ein überall unwillkommener Gast gewesen ist […] Zwei so verschiedenen Herren, wie der Welt und der Wahrheit, die nichts, als den Anfangsbuchstaben, gemein haben, läßt sich zugleich nicht dienen: Das Unternehmen führt zu Heuchelei, zur Augendienerei, zur Achselträgerei.“ (Über die Universitätsphilosophie 153-154)

 

Schopenhauer repräsentiert wie kein Anderer den autonomen Intellektuellen, der es nicht nötig hat, sich bei Institutionsbeschäftigten eine Bescheinigung seiner Leistung und seines Genies einzuholen. Mit seinem Dasein und Wirken wurde dem Universitätspersonal letztlich repräsentativ die gönnerhafte Beurteilungsmacht entzogen und ihr Verstricktsein in die jeweilige gesellschaftliche Ideologie aufgezeigt, die nur gelten lässt, was je nach Zeitgeist opportun und nützlich ist.

Aktuelle Tendenzen

Heute findet ein Wandel in der Gesellschaft statt – ein Wandel, den mancher fürchtet, andere wiederum mit offenen Armen begrüßen. Der Wandel betrifft die Entinstitutionalisierung von geistigen Gehalten. Innerhalb des journalistischen Feldes wird dieses wohl am breitenwirksamsten offenbar: Viele beschleicht das Gefühl, dass eine starke institutionelle Filterung aufgrund taktischer Erwägungen vorgenommen wird. Ein immanentes Wertesystem nach Maßgabe von Nützlichkeit und Risiken innerhalb des gesellschaftlichen Gesamtsystems lässt häufig (natürlich nicht immer) an der proximalen Objektivität zweifeln. In solche Vertrauenlücken brechen immer mehr Online-Produktionen ein, die durch ihre Unabhängigkeit einen Konflikt zwischen institutionalisiertem Establishment und unabhängigem Selbstdenkertum initiieren.

 

Genau ein solcher Konflikt ist meiner Meinung nach auch für den Wissenschaftsbetrieb notwendig. Nicht, weil die Idee der Universität abzulehnen sei, im Gegenteil, sie ist unendlich wichtig, sondern vielmehr deshalb, weil die Identifikation der Institution Universität mit Bildung und Geist eine längst überholte Chimäre ist. Die Anreizsysteme der Institution Universität sind mehr als jemals destruktiv strukturiert.

Jeder, der auch nur im Ansatz etwas mit der Universität zu tun hatte, weiß - nicht die Fähigsten und Inspirierendsten, sondern vielmehr die Systemkompatibelsten gelangen letztlich in die Professorenriege (natürlich, das nehme ich als selbstverständlich, gibt es Ausnahmen). Das Auslesesystem der Universität richtet sich zunehmend auf folgendes aus:

Man muss bereit sein, soziale Bindungen über Bord zu werfen, den Wohnort permanent zu wechseln, nach reinem Nutzenkalkül zu interagieren und zu forschen und sich demaßen dauerhaft einem Ranking von professoralen Gönnern und der big-brother-haften Wissenschaftscommunity zu unterwerfen, Nur wer zu einem solchem Psychoprofil, welches nurmehr Psychopathen, Narzissten und rückgratlose Opportunisten auszeichnet, die optimale Passung hat, hat heutzutage auch die Eignung zur Professur.

Um es noch einmal anders zu betonen: Diejenigen, die sich intensiv um Studierende kümmern, die eigene, neue Wege gehen wollen, die in der Lehre brillieren und die dies auf Basis einer menschlichen Haltung tun, die es ihnen eben gleichsam auch verunmöglicht, ihre Familie zu vernachlässigen und ihren Wohnort und ihre Ausbildungsuniversität nur als „Wirt“ für die eigenen parasitären Belange zu definieren – eben diese Menschen findet man ab einem gewissen akademischen Level nicht mehr an der Institution Universität -

sie sind faktisch nicht gewollt.

Ich brauche keine Universität, um geistiger Weltbürger zu sein.

Bild aus Cyberpunk 2077 (Lizzie's Bar): https://www.flickr.com/photos/stefans02/51852355418/

Und eben dies – so jedenfalls meine Meinung – darf nicht sein! Ich habe viele gute UND menschliche Wissenschaftler kennengelernt – aber die, die blieben, waren die, die z.B. in Direktoriumssitzungen überzeugt antidemokratisch betonten „Wieso sollte ich für etwas stimmen, was mir keinen Vorteil oder eventuell Nachteile bringt“. Hier muss eine Änderung her! Es kann aber auf der anderen Seite auch nicht sein, dass die „Aussortierten“ angesichts der Ungerechtigkeiten resignieren und bei Ausschluss aus der Universität nicht mehr wissenschaftlich tätig sind. Es gibt faktisch keine Kopplung von Wahrheit und der aktuellen Erscheinung der Universität. Genau aus diesem Grund muss auch eine Neuausrichtung kritischer Wissenschaft in der Breite stattfinden. Schopenhauers Beispiel kann eines zeigen:

Ich brauche keine Universität, um geistiger Weltbürger zu sein!!

 

Und hier kommen wir zu obigen Verweis auf Online-Produktionen zurück. Open Access-Formate und Online-Plattformen (wie auch YouTube) bieten hervorragende Möglichkeiten, Wissen zu generieren und zu speichern und dies eben unabhängig von den alten, symbiotischen Machtstrukturen der etablierten Verlage, Zeitschriften (die in ihren Review-Prozessen sowieso auf die etablierte Professorenschaft zurückgreift) und Lehrstühlen. Letztere müssen durch offene Formate in ihrer Deutungshoheit eingeschränkt und dadurch reguliert werden, was als state of the art anzuerkennen ist.

 

Auf Plattformen wie z.B. socialnet. Ein Netz für die Wissenschaft kann man unentgeltlich veröffentlichen, ohne dass auf sogenannte Publikationsfonds von Lehrstühlen zurückgegriffen werden muss. Letzteres macht natürlich auch den Begriff Open Access wieder obsolet, indem das Publizieren nur durch Institutionsangehörigkeit ermöglicht wird, wie z.B. bei Springer Nature.

Die wirklich offenen Möglichkeiten müssen insofern auch wirklich häufig individuell genutzt werden. Und hier kommt die Eigenverantwortung jedes Wissenschaftlers ins Spiel, so wie es immer schon war:

Spiele ich das offensichtlich ekelhafte Spiel gegen die Wahrheit mit oder verweigere ich mich gerade dadurch, dass ich produktiv in eine andere Richtung gehe?

Hechele ich über Jahre gebückt und ängstlich ausschließlich dem imaginären Knochen einer unwahrscheinlichen Professur hinterher oder nutze ich jetzt selbstmächtig mein geistiges Potenzial, um nicht für eine Institution, sondern für die offene Gesellschaft tätig zu sein und an Welt 3 (Popper) mitzubauen?

Die Möglichkeiten sind da!

 

Auswahl an Möglichkeiten für OpenAccess Veröffentlichungen:

social.net LINK : eher sozialwissenschaftliche Veröffentlichungen

peDOCS LINK: eher erziehungswissenschaftliche Veröffentlichungen

Social Science Open Access Repository (SSOAR) LINK: sozialwissenschaftliche, aber auch sonstige Veröffentlichungen

Linguistik Online LINK: für linguistische Veröffentlichungen

Gesellschaft - Individuum - Sozialisation (GISO) LINK: Interdisziplinär ausgerrichtet in Bezug auf Sozialisationsprozesse

Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) LINK: Alle Bereiche der praktischen Philosophie; ausdrücklich auch für Personen ohne universitäre Anbindung und/oder nicht etablierte Wissenschaftler


Wen das Thema Extra-institutionelle Wissenschaft und wissenschaftlicher Individualismus interessiert, der schaue bitte gerne bei meinem neuen Blog vorbei unter: https://exinwissenschaft.jimdofree.com/