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Wichtiger Hinweis

Die folgenden Textpassagen sind zu großen Teilen ein Extrakt aus meiner Dissertation und enthalten stellenweise wörtliche Auszüge aus derselben. Die unten stehenden Ausführungen dienen insofern nur zu Informationszwecken. Für Zitationen ist im Sinne des Urheberrechts auf die Dissertation als Hauptquelle nach wissenschaftlichen Regularien zu verweisen. Die Dissertation können Sie HIER downloaden.

Die Problemlage

Schon Ende des 19. Jahrhunderts gab es eine intensive Diskussion um sogenannte Urschöpfungen. Die Streitfrage war, ob im frühen Spracherwerb Wörter vorkommen, die bezüglich ihrer Lautstruktur kein Vorbild in der Erwachsenensprache haben (z.B. [na̱ŋ] für los), in diesem Sinne also Erfindungen, Neubildungen oder Urschöpfungen des Kindes sind. An dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung nahmen bekannte Persönlichkeiten wie Preyer, Wundt, Stumpf oder auch Stern & Stern teil. Mit der Entwicklung eines phonologischen Analyseinstrumentariums durch den Prager Strukturalismus veränderte sich die Diskussion maßgeblich. Nach Jakobson (1941) lassen sich in der frühen phonologischen Entwicklung zwei diskrete Phasen unterscheiden. Eine erste Phase, in der vorsprachliche Lalllaute produziert werden und keine phonologischen Kontraste gegeben sind, und eine zweite Phase, die eigentliche Sprachstufe, in der eben diese sprachsystematischen Kontrastbildungen sukzessive ausgebaut werden. Ausgehend von diesem strukturalistischen Paradigma wurden Protowörter, die im Übergang von der Lallphase zur Zielwortproduktion realisiert werden und bei einer relativ stabilen Bedeutungszuweisung keine phonetische Ähnlichkeit zu Zielwörtern zeigen, entweder als reine artikulatorische Muster analysiert oder unter der Perspektive der Generativen Grammatik als nicht-phonologische Wortformen gänzlich ignoriert.

 

Das Grundproblem der bisherigen Analysen ist also, dass von zielsprachlichen Kontrasten der Erwachsenensprache als Maßstab ausgegangen wurde. Diese Kontraste ergeben sich aus der Definition des Phonems, welches im Prager Strukturalismus als kleinste bedeutungsdifferenzierende Einheit bestimmt wurde. Um zu ermitteln, was ein Phonem sei, wurden verschiedene Entdeckungsprozeduren verwendet, wie z.B. die Minimalpaarbildung. Das Wort Haus und Maus unterscheiden sich in genau einem Laut, so dass die Phoneme /h/ als auch /m/ systematisch die Bedeutung der beiden Wörter unterscheiden.

 

Eine solche Orientierung an bedeutungsunterscheidenden Kontrasten in der Sprache Erwachsener kann nicht als Leitlinie für die Untersuchung früher Wortproduktionen gelten, in der genau diese Kontraste erst gebildet werden müssen. Insofern muss ein anderes phonologisches Paradigma der Untersuchung früher Wortproduktionen unterlegt werden.

Bisherige Ansätze zum Verhältnis von Proto- und Zielwortproduktion

Ein neuer Forschungsansatz

Der neue Ansatz zum Verhältnis von Proto- und Zielwortproduktion

Entgegen einer strukturalistischen Definition wird hier von einer Kontinuität im Spracherwerb ausgegangen. D.h., die phonologische Komponente ist von Geburt an gegeben und als internes Vermögen anzusehen. Insofern kann man in Bezug auf Chomsky von einer I(-nternalen) Phonologie sprechen. Im phonologischen System selbst werden genuin phonologische Kontraste ohne Bezug auf andere Sprachmodule erzeugt, wobei noch nicht das komplette Set aller phonologischen Merkmale als aktiv vorgestellt wird. Systematisch wirksam sind nur die sog. Oberklassenmerkmale nach Clements (1990): silbisch/vocoid/approximant/sonorant. Anhand dieser Merkmale lassen sich allerdings schon alle Lautklassen unterscheiden, also Obstruenten/ Nasale/ Liquida / Gleitlaute und Vokale.

Weist man vorhandenen Oberklassenmerkmalen Werte zu (Obstruenten = 1 bis zu Vokalen = 5), lässt sich die Komplexität von Demisilben berechnen. Demisilben bezeichnen den vorderen und hinteren Teil einer Silbe, wobei zu jeder Demisilbe jeweils der Vokal zugerechnet wird (ball besteht aus 1. Demisilbe /ba/ und 2. Demisilbe /al/). Vereinfacht lässt sich sagen, dass initiale Demisilben bevorzugt Obstruenten beinhalten und alle anderen Lautklassen die Komplexität sukzessive erhöhen, während in finalen Demisilben das umgekehrte Verhältnis besteht (Vokale oder Gleitlaute werden bevorzugt).

In früheren Studien wurde nun gezeigt, dass Jargon-Aphasiker Wörter produzieren, die vorwiegend aus nicht-komplexen Demisilben bestehen. Das interessante an der Jargon-Aphasie ist, dass hier der Zugang zum zielsprachlichen Lexikon blockiert ist und Nicht-Wörter produziert werden. Auch hier kann man also keine Ähnlichkeit der Produktionen mit Zielwörtern feststellen, auch wenn der Jargon-Aphasiker das selbe meint. Wir haben also eindeutige Analogien zur Protowortproduktion, der Unterschied ist nur, dass in der frühen Wortproduktion ein leeres mentales Lexikon gegeben ist, bei Jargon-Aphasikern ist es gefüllt, aber der Zugang blockiert. Woher stammen aber die neu erzeugten Silben bei Jargon-Aphasikern? Buckingham (1990) nahm einen eigenen Mechanismus innerhalb der Sprachproduktion an, den er Random Generator nannte (s. Grafik). Dieser erzeugt nicht komplexe Demisilben bei fehlendem Lexikonzugang. Während des Spracherwerbs nimmt seine Tätigkeit sukzessive ab. Eine Untersuchung nach Maßgabe solcher Erkenntnisse blieb aus, erst in meiner Doktorarbeit "Dreidimensionale Phonologie und der Erwerb von Protowörtern" wurde dieser Ansatz aufgegriffen. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse wird unten gegeben.

 

Erweitertes Garrett-Modell (EGM)

mit Random Generator nach Dümig & Leuninger (2013)

Wesentliche Ergebnisse

Die Daten stammen aus einer durchgeführten Einzelfallstudie, in der die Spontansprachproduktionen von Kind J., 1;4 Jahre, jeweils einmal wöchentlich für 30 Minuten aufgezeichnet wurden. Die Aufnahmen endeten zu dem Zeitpunkt, als von Kind J. keine Protowörter mehr produziert wurden (Gesamt: Protowörter n=194; Zielwörter n=250).

Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen Proto- und Zielwortproduktion mittels der sogenannten Word-Non-Word-Ratio. Hier gibt einen signifikanten Zusammenhang zwischen Proto- und Zielwortproduktion(n=444, r=0.762, df=13, p<0,001, t=3,90). Mit zunehmendem Lebensalter steigt die W-NW-Ratio signifikant.

Weiterhin wurde die Frequenz verschiedener Demisilbentypen initial und final sowohl in Proto- als auch in Zielwörtern untersucht.

Demisilbentypen initial in Protowörtern

Demisilbentypen initial in Zielwörtern

Nicht-komplexe initiale Demisilbentypen werden in der Protowortproduktion (n=212, χ2=699.37, df=4, p<0,001) als auch in der Zielwortproduktion (n=322, χ2=531.882, df=4, p<0,0001) präferiert.

Demisilbentypen final in Protowörtern

Demisilbentypen final in Zielwörtern

Nicht-komplexe finale Demisilbentypen werden in der Protowortproduktion (n=220, χ2=442,127, df=5, p<0,0001) als auch in der Zielwortproduktion (n=350, χ2=886,103, df=5, p<0,0001) präferiert.

Schlussfolgerungen

Wie in der Korrelation von Proto- und Zielwortproduktion deutlich wurde, konkurrieren die Worttypen im Output-Lexikon um Speicherplatz. Protowörter werden vor Zielwörtern produziert, insofern sitzt die Zielwortproduktion diesen frühen Produktionen auf. Nicht-komplexe Demisilben werden bei einem relativ ungefüllten Output-Lexikon präferiert, wobei der weitere Merkmalsausbau in Zielwörtern mit initialen Nasalen stattfindet. Protowörter bestehen demnach wie die Neologismen von Jargon-Aphasikern aus nicht-komplexen Demisilben ohne lexikalischen Bezug. Modelltheoretisch kann diese Evidenz mit dem Random Generator abgebildet werden, d.h., Protowörter dienen als Vorläufer von Zielwörtern, so lange im Output-Lexikon keine Etablierung und Überschreibung von und durch Zielwörter stattgefunden hat.

Überschaut man die (nicht umfängliche) Literatur zu Protowörtern, so kann man verschiedene Formen unterscheiden. Protowörter, die nur das Merkmal [silbisch] als Kontrast implizieren (Protowörter der Integrationsstufe 1 = PWIS-1), Protowörter mit sämtlichen Oberklassenmerkmalen (PWIS-2) und Protowörter, die zusätzlich mit morphosyntaktischen Strukturen assoziiert sind (PWIS-3). Insofern kann man mit Jackendoff lexikalische Einträge als Informationskorrelate ansehen, mit deren Hilfe man Protowörter klassifizieren kann.

Protowörter dienen nach den obigen Ergebnissen vorrangig dem internen Strukturausbau und nicht der intentionalen Kommunikation. So war ein Ergebnis der Studie eben auch, dass vornehmlich Zielwörter zur Interakion verwendet wurden und eben hier auch typische Zeigegesten auftauchten. Diese späteren Formen dann mit Tomasello als eigentlich sprachlich zu typisieren, ist in Anbetracht der notwendigen Vorläuferfunktionen phonologischer Merkmalsmengen (und mit diesen, der phonologischen Komplexität) schlicht nicht statthaft. 

Nach dieser sehr verkürzten Darstellung der wesentlichen Ergebnisse kann an dieser Stelle die erste eineindeutige Definition von Protowörtern gegeben werden:

 

Protowortdefinition (Kurzfassung für den ungestörten frühen Spracherwerb)
Protowörter im frühen Spracherwerb sind über einen kurzen Zeitraum kontinuierlich
produzierte Formen, deren wesentliche Charakteristikum ist, dass eine overte (phonetische)
Ähnlichkeit zu Zielwörtern nicht gegeben ist. Sie spiegeln strukturell die konsekutive und
systematische Integration von phonologischen Merkmalen in Silbenpositionen wider und
bestehen gemäß dem Sonority Dispersion Principle aus nicht-komplexen Demisilben.
Bei Auftreten können sie durch den Ausbau phonologischer Strukturen spezifische
Bootstrapping-Funktionen für Zielwörter ausüben. Protowörter werden im Verlauf des
Spracherwerbs durch das Informationskorrelat
[(Motorische Struktur) + Phonologische Struktur ([±silbisch; [Oberklassenmerkmale]) +
Bedeutung]
konstituiert, wobei sie semantisch-pragmatisch nicht-intentional verwendet werden.